14.04.2021 | Verein

Ehrenpräsident Hans-Georg Noack verstorben

Fortuna verneigt sich in großer Trauer

Fortuna Düsseldorf trauert um Hans-Georg Noack. Der Ehrenpräsident der Rot-Weißen entschlief am Dienstagabend im Alter von 92 Jahren friedlich in seinem Haus in Lierenfeld - und folgte damit nur wenige Wochen nach ihrem Ableben seiner Frau Beate.

Hans-Georg Noack, in Düsseldorf geboren am 9. März 1929, konnte wie kaum ein zweiter Zeitzeuge auf bewegte Jahrzehnte zurückschauen - mit Blick auf die eigene Vita als auch die des Vereins.

In gutbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen, interessierte er sich sehr früh für Fußball und damit auch für die Fortuna.

Nach unbeschwerter Kindheit erlebte er die dramatischen Folgen des Zweiten Weltkriegs, die ab Anfang der 1940er auch seine Heimatstadt erreichten. So wurde er mit 12 Jahren in die Südeifel, nach Wittlich, evakuiert. Als er im Spätsommer 1945 an den Rhein zurückkehrte, fand er inmitten einer fast total zerstörten Stadt Trost in der Fortuna, die ihn auch deshalb so interessierte, weil dort sein ehemaliger Schulfreund Matthes Mauritz spielte. Durch seine regelmäßigen Besuche am Flinger Broich lernte er den Verein immer besser kennen und so wollte er mitmachen - nicht als Spieler, sondern abseits des Platzes, wo jede helfende Hand herzlich willkommen war.

Im Jahr 1957 übernahm Hans-Georg Noack sein erstes offizielles Amt, als man ihn in den Spielausschuss berief. Dort bewährte er sich und die „Monatsblätter“ von Juni 1962 weisen aus: „… es wurde ein neuer Pressewart präsentiert. Erster Eindruck und erstes Urteil am Pressetisch: ‚Der junge Hans Noack ist in Ordnung.’ Mit dieser Feststellung sind beileibe keine Vorschusslorbeeren verbunden, aber schon ein kurzes Gespräch mit ihm macht die Erwartung fast schon zur Gewissheit, dass er seine Sache gut machen wird.“

Der Hinweis auf die Aufgabe Noacks war allerdings auch vereinsseitiger Schönfärberei. Denn der damals 33-Jährige sollte nicht nur die genannte Aufgabe als „Pressewart“ übernehmen, sondern Heinz Schmitz als Spielausschuss-Vorsitzender beerben. Damals noch so üblich, wurde der Kandidat für dieses Amt von den Lizenz-Spielern vorgeschlagen und Matthes Mauritz überbrachte Noack die Kunde seiner einstimmigen Wahl.

Doch ausgerechnet Fortuna-Urgestein Hans Körfer, beim DFB ebenfalls zu höheren Weihen gekommen, widersprach diesem Votum bei der Mitgliederversammlung. Mit eindringlichen Worten gab er zu Protokoll, „er glaube nicht, dass sich die Fortuna am Vorabend der neuen Bundesliga einen solch jungen Mann leisten könne“ und forderte gegenüber dem Plenum einer Neuwahl - ein Begehren, dem Präsident Recht stattgab, worauf Karl Albrecht den Vorzug erhielt.

Noack ließ sich - glücklicherweise - von der Scharade nicht ins Bockshorn jagen. Die Sache gut machen, das hätte ihm nicht gereicht. Er wollte es nach Möglichkeit weiterhin besser machen. Über die kommenden Jahrzehnte gab es kaum ein Ehrenamt, das Noack darauf nicht innegehabt hätte.

Die Rückkehr in die Bundesliga
Im Hauptberuf erfolgreicher Kaufmann - er war bald nach dem Abitur in den väterlichen Betrieb für medizinischen Bedarf eingetreten -, übernahm Noack 1963 die Position des Liga-Obmanns bei Fortuna, 1965 übertrug man ihm die Aufgabe des „Zweiten Vertreter des Vorstandes“, worauf er die Einkaufs- und Transferpolitik in der Lizenzspieler-Abteilung bestimmte - immer in Absprache mit den jeweiligen Trainern. Er war also Manager, wie man heute sagen würde.

Im März 1965 sahen die „Monatsblätter“ bei Noack „fühlbar echte Begeisterung für den Sport“ und sagten voraus: „Daran wird sich in den nächsten drei bis vier Dutzend Jahren nicht das Geringste ändern.“ Eine weitsichtige Antizipation dessen, was tatsächlich eintreten sollte.

Noacks Wirken fand 1966 den ersten Höhepunkt, als Fortuna in die Bundesliga aufstieg. Nach der ersten Enttäuschung über das nur ein Jahr währende Intermezzo („Wir hätten so viel mehr rausholen können!“) sah er es als seine wesentliche Aufgabe an, dass Fortuna wieder in die Beletage des deutschen Fußballs zurückkehrt - und dort längerfristig verbleibt.

Dass Geduld und Ausdauer vonnöten waren, um nachhaltige Strukturen zu schaffen, wusste Noack. Als Fortuna mit dem unvergesslichen Trainer Heinz Lucas 1971 zum zweiten Mal in den Kreis der Großen des deutschen Fußballs zurückkehrte, war der Grundstein gelegt für eine der erfolgreichsten Phasen in der Vereinsgeschichte. Die Rot-Weißen wurden zu einer festen Größe in der Liga, feierten zwei dritte Plätze in der Abschlusstabelle 1973 und 1974, die Deutsche Amateurmeisterschaft 1977, drei DFB-Pokalfinal-Teilnahmen und zwei Titelgewinne 1979 und 1980, und bestritten das unvergessliche Europapokalfinale in Basel gegen den FC Barcelona, das mit einer unglücklichen Niederlage endete.

Auch wenn es heutzutage nur noch den Älteren in Erinnerung geblieben ist, so war die Fortuna zu dieser Zeit eine der europäischen Spitzenmannschaften, was unverbrüchlich mit dem großen Engagement Hans-Georg Noacks verbunden war.

Noack im Präsidium
Ab 1975 Vizepräsident, beerbte Hans-Georg Noack drei Jahre später den erkrankten Präsidenten Kurt Schneider und rückte an die Spitze des Clubs.

Den Erfolg der Fortuna weiter auszubauen, hatte sich Noack auf die Fahnen geschrieben. Doch diesem Anspruch vermochte man angesichts des mäßigen Zuschauerzuspruchs bei Heimspielen und damit viel zu geringen Einnahmen kaum gerecht zu werden. Entgegen sonstigen Gepflogenheiten monierte Noack sogar öffentlich „das fahrlässige Desinteresse der Anhänger, das noch schwerwiegende Folgen für die Fortuna“ haben werde.

Um einer finanziellen Schieflage vorzubeugen, wurde mit Klaus Allofs der Star der Mannschaft veräußert - ausgerechnet in Richtung Köln. Trotz einer rekordverdächtigen Transfersumme von 2,25 Millionen DM und der wirtschaftlichen Besserstellung, sah sich das Präsidium übelsten Beschimpfungen ausgesetzt.

Als Hans-Georg Noack 1982 aus seinem Amt schied, war er jedoch seinen Prinzipien als ehrbarer Kaufmann treu geblieben und hinterließ eine schuldenfreie Fortuna. Manche kritisierten, ihm habe der Mut zum Risiko gefehlt. Eine kurz gegriffene Einschätzung mit fataler Signalwirkung, wie die beiden kommenden Jahrzehnte zeigen sollten.

Mit Lineal und Bleistift als Bundesliga-Spielleiter
Unterdessen waren Noacks weitsichtiger Führungsstil und seine Fachkenntnisse auch den Funktionären des Deutschen Fußball-Bundes nicht verborgen blieben. Zwischen 1977 und 1986 war er Mitglied des Spielausschusses. Anschließend wurde ihm die Position des Bundesliga-Spielleiters übertragen: eine bedeutsame, aber auch sehr knifflige Aufgabe. Denn Spielpläne mussten noch in Handarbeit erstellt werden - mit Bleistift und Lineal und nicht etwa, wie heutzutage, am PC.

Nach eineinhalb Jahrzehnten verabschiedete sich Hans-Georg Noack von dieser Tätigkeit, für die er vom größten Fußballverband der Welt mit der neu geschaffenen „Ehrenspange in Gold“ ausgezeichnet wurde. In Richtung seines Nachfolgers bemerkte er, dass es „keinen Beweis dafür gibt, dass ein Computer einen schlüssigeren Terminplan erstellt, der alle Kriterien berücksichtigt. Man benötigt für die Terminierungen auch Fingerspitzengefühl. Und das kann kein elektronischer Rechner dieser Welt.“

Gradlinigkeit und Authentizität
Wegbegleiter, Geschäftspartner und Freunde attestierten Hans-Georg Noack ein hohes Maß an reflektiertem Verantwortungsbewusstsein, Gradlinigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Er war belesen und dadurch universell gebildet, wertekonservativ, dabei jedoch weltoffen und gleichzeitig ein glühender Verfechter der bundesrepublikanischen Demokratie.

Wer Hans-Georg Noack nur nach seinem Äußerlichen beurteilte - klarer Blick mit markanter Physiognomie, streng nach hinten gekämmtes Haar und eine eindringliche Stimme -, reduzierte seine Persönlichkeit. Denn spätestens im direkten Gespräch wusste Noack zu überzeugen - durch seine unaufgeregte Art, seine Geduld, anderen zuzuhören und sein sachliches Auftreten. Dabei war er meinungsstark und keineswegs konfliktscheu, verschloss sich aber bei aller Prinzipientreue nie schlüssigen Argumenten. Dies beeindruckte - nicht nur im eigenen Verein, der ihn zum Ehrenpräsidenten ernannte.

Einen Ruhestand gab es für ihn nicht und so kümmerte er sich weiterhin um seinen Betrieb, der ihn nach eigenen Worten ebenso fit hielt wie das Geschehen rund um die Fortuna. Viel lesen, viel hören, Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit für alles Neue machten ihn zu einem stets kommunikativen und unterhaltsamen Gesprächspartner.

Noch bis zum Ausbruch der Pandemie genoss er die allwöchentlichen Treffen mit „Alt-Fortunen“ und dem „Ehrenmitgliederkreis“, denn Gedankenaustausch und Traditionspflege waren ihm stets wichtig.

Die Fortuna war für Hans-Georg Noack nie eine Plattform für Profilierung, sondern stets ein Anliegen des Herzens und damit der Authentizität.

Auf die Frage, ob er denn mit seiner Zeit bei Fortuna zufrieden und im Reinen sei, sagte er in einem Interview 2019: „Ich habe der Fortuna immer einen besonderen Stellenwert in meinem Leben eingeräumt. Fehlerfrei war ich gewiss nicht, doch ich habe stets in der Absicht gehandelt, mein Bestes für den Verein zu geben. Ob mir dies gelungen ist, mögen andere bescheiden.“

Und er ergänzte: „Jeder hat auf dieser Welt seinen Platz, den er nach seinen Fähigkeiten, aber vor allem nach dem Willen, das Beste zu erreichen, ausfüllen sollte. Denn alles hat irgendwann ein Ende und spätestens dann sollte man mit sich im Reinen sein.“

Fortuna verneigt sich in großer Trauer vor Hans-Georg Noack, einer der größten Persönlichkeiten der Vereinsgeschichte. Ein dauerhaft ehrendes Andenken in Anerkennung seiner herausragenden Verdienste wird ihm auch zukünftig gelten.

Anteilnahme und Gedanken aller Fortunen sind bei dem Verstorbenen, das Mitgefühl gilt seinen Söhnen, seiner Familie und allen, die ihn kannten und schätzten.

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