11.09.2009 | 1. Mannschaft

Physiotherapie hat einen Namen: Bernd Restle

Der Mann mit den heilenden Händen wird heute 55 Jahre jung

"Heute hier, morgen dort." Der wohl bekannteste Titel des Liedermachers Hannes Wader könnte auch eine Beschreibung des Berufsalltags im Leben von Bernd Restle sein. Denn Freizeit kennt der Physiotherapeut der Fortuna kaum. Immer wieder zieht es ihn mal hierhin, mal dorthin. Wenn er nicht seinem Job im eigenen Sporttherapiezentrum an der Rosmarinstraße in Flingern oder gleich nebenan am Flinger Broich bzw. in der ESPRIT arena bei der Fortuna nachgeht, muss er anderswo hin, weil dort seine Fähigkeiten gefragt sind. Er lebt und arbeitet eben nach dem Motto: Ganz oder gar nicht.

"Aber dies hat sich nicht nur beruflich, sondern auch im Privatleben bewährt", sagt seine Ehefrau Ela. Und so war es trotz der Spielpause in der 2.Bundesliga in den letzten beiden Wochen schier ein Ding der Unmöglichkeit, ihn für die heutige Ausgabe von "Fortuna Aktuell" zu interviewen. Einmal mehr war er mit seinen Köfferchen - die einen für die Kleidung, die anderen mit Salben und Mittelchen bepackt - unterwegs - diesmal mit der deutschen U 21-Nationalmannschaft in Sachen EM-Qualifikation. Weshalb die Redaktion über Umwege an detaillierte Informationen über den Mann mit den heilenden Händen herankommen musste...


Bernd Restle und "seine" Fortuna
Der Mann, der heute seinen 55.Geburtstag feiert, ist beim Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 e.V. so etwas wie eine Institution. Denn seit schon sagenhaft anmutenden 30 Jahren besteht eine intensive Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Flingeraner Traditionsverein. 1979 begann der Diplom-Physiotherapeut damit, den Fortuna-Profis vor, während, nach und zwischen den Spielen die müden Muskeln zu massieren. Für ihn setzte sich so ein nur logischer Lebensabschnitt fort. Denn von klein auf im zarten Alter von sechs Jahren ging der gebürtige Wülfrather mit Vater und Fahne zu seinem Lieblingsverein: F95. Ganz nebenbei erwarb sich der sportbegeisterte Kuchenliebhaber, der ansonsten strengstens auf die Ernährung und sein Körpergewicht achtet, zu Beginn der 80er Jahre den inoffiziellen Titel des "Schnellsten Masseurs der Bundesliga". Seine Mitspieler beim legendären Montagsclub der Fortuna sagen daher über ihn: "Wir suchen noch immer nach einer Waage, die sechs Stellen hinter dem Komma anzeigt. Aber er selbst hält sich nicht für besonders eitel!" Tägliches Training im Kraftraum, beim Joggen, auf dem Fußballplatz oder nur das Ausschwitzen in der Sauna gehören für ihn zum Leben dazu wie Essen, Trinken und Schlafen. Bei einer Körperlänge von 1,80 Meter und einem Körpergewicht von gerade einmal 70 Kilogramm scheint es sich auszuzahlen! Da staunt auch Mannschaftsarzt Dr. Ulf Blecker nicht schlecht: "Bernd ist wie ein Jungbrunnen. Wenn ich sehe, wie der sportlich bei den Profis mithält, bin ich jedes Mal aufs Neue überrascht." Ein weiteres Kompliment  kommt von einem Aktiven, der es wissen muss. Denn Fortuna-Kapitän Andreas "Lumpi" Lambertz war mit seinen 24 Jahren schon öfter bei ihm in Behandlung als es einem Fußballer lieb sein kann: "55? Er behandelt trotzdem noch wie ein junger Gott! Er heilt zwar nicht durch Hand-Auflegen, aber bis jetzt hat er mich immer wieder pünktlich hinbekommen." Die Tage und Stunden vor dem Saisonfinale im Mai, als Lambertz wegen einer Verletzung im entscheidenden Spiel gegen Werder Bremen II auszufallen drohte, sind bezeichnend. Tage und Nächte hat Bernd Restle an "Lumpis" verletztem Sprunggelenk gearbeitet, um ihn rechtzeitig fit zu bekommen. Es hat funktioniert - und nicht von ungefähr lautet wohl sein Lieblingszitat: "Niemals aufgeben!"


Harte Arbeit für ein eigenes Therapiezentrum
Ohnehin ist akribische Arbeit Bernd Restles Markenzeichen. Getreu dem Motto "Ganz oder gar nicht" zieht sich diese Einstellung durch sein gesamtes Leben. "Ich bin 24 Stunden am Tag Therapeut. Wenn es sein muss, auch 1-2 Stunden länger", sagt er selbst über seine Berufsauffassung, die ihm schon unzählige Nachtschicht eingebracht hat. So hat er sich aber im Laufe der Jahrzehnte schließlich sein eigenes Sporttherapiezentrum aufgebaut. Die Eröffnung fand 1986 statt - wohl gewählt in Sichtweite zu den Sportplätzen am Flinger Broich - und heute beschäftigt er dort etwa 20 Mitarbeiter. Bei Einstellungsgesprächen pflegt er daher gerne zu sagen: "120% ist Standard - hier gilt 150%. Packen Sie das? Dann können Sie bei mir anfangen!" Was sich nach hohen Ansprüchen und teilweiser Überforderung anhört, soll in der Praxis ganz einfach nur eine optimale Behandlung für den Patienten gewährleisten, zumal er diese Maxime seinen Angestellten vorlebt. "Du musst in den Patienten rein kriechen", erklärt er immer wieder bei der Einarbeitung neuer Kollegen und bringt so seine Passion als Therapeut zum Ausdruck. Dabei kann er in einer ruhigen Minute aber durchaus einfach nur mal zuhören, was eine seiner Angestellten mit einem Augenzwinkern anmerkt: "Der Chef hat immer ein offenes Ohr - nicht nur für berufliche Probleme. Schade nur, dass er so ein Karnevalsmuffel ist!" Das Feiern überlässt er zumindest in dieser Jahreszeit anderen, wobei er doch schon bei einigen rot-weißen Partys nicht nur dabei, sondern mittendrin war.


Siege und Niederlagen - Triumphe und Tränen
Denn in den gut 30 Jahren bei der Fortuna hat er so ziemlich alle Höhen und Tiefen miterlebt. Und davon gab es bekanntlich reichlich. Die beiden DFB-Pokalsiege 1979 und 1980, aber auch zahlreiche Aufstiege und spektakuläre Siege über Bayern München sind die schönen und süßen Stunden rot-weißer Glückseligkeit. Die Kehrseite der Medaille hat ihm und allen Fortuna-Fans allerdings auch Abstiege, Trainerentlassungen, Vorstandskrisen, Geldnöte und andere Fußball-Schicksale beschert und damit gehörige Kopfschmerzen bereitet. Seit zehn Jahren ist er auch Angestellter beim DFB. Immer wieder pendelt er deshalb zwischen Düsseldorf und Frankfurt hin und her. Doch über diese berufliche Doppelbelastung ist bei der Fortuna natürlich niemand böse - ganz im Gegenteil: "Ich bin froh, dass ich nicht nur bei der Fortuna, sondern auch in Bezug auf die Junioren-Nationalmannschaften einen absoluten Profi an meiner Seite weiß," bekräftigt Vorstandssprecher Peter Frymuth, der seit 2007 auch Vorsitzender im DFB-Jugendausschuss ist. Der Deutsche Fußball-Bund hat Restle daher nicht von ungefähr zum leitenden Therapeuten der Junioren-Nationalmannschaft ernannt. "Der Bernd ist in jeder Beziehung spitze - ein Profi durch und durch", bringt Joti Chatzialexiou, der U21-Teammanager, die Zusammenarbeit auf den Punkt. Mit der Auswahl des damaligen Trainers Horst Hrubesch feierte er vor kurzem einen internationalen Erfolg, nämlich den Gewinn der U21-Europameisterschaft Ende Juni in Schweden durch einen 4:0-Finalsieg über England. Wer das Spiel im Fernsehen live verfolgt hat, dem dürfte direkt nach dem Schlusspfiff kaum der pfeilschnelle Masseur entgangen sein, der im Stile eines Usain Bolt im Sprint von der Auswechselbank auf den Platz stürmte, um alle zu umarmen. Er selbst gestand nach dem Turnier: "Ich habe vier Wochen lang einen Ruhepuls von 180 gehabt." Er gibt eben immer alles, was zu Hause an den Bildschirmen dazu führte, dass ein alter Bekannter mit ihm gelitten hat: "Er ist der König der Jubler! Und ich hatte ernsthaft Sorgen, dass er sich die Arme verletzt und längere Zeit ausfallen könnte", schmunzelt die Düsseldorfer Eishockeylegende Wolfgang Boos.

Eishockey, Campino und Ronaldo
Ohnehin ist Bernd Restle nicht nur auf die Behandlung von Fußballern der Fortuna und des DFB beschränkt. Eishockeyspieler, Zehnkämpfer, Ausdauer- und viele andere Sportler hat er ebenso behandelt. Auch Hobby-Fußballer und Berufsmusiker Campino, der Frontmann von den Toten Hosen, ist quasi Dauergast im Sporttherapiezentrum, um sich rein prophylaktisch für seine mitunter akrobatischen Einlagen auf den Konzertbühnen dieser Welt fit zu halten. Auch nach seinem Fußbruch im vergangenen Jahr wurde er rechtzeitig zum Start der Tournee wieder in Form gebracht. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt für Bernd Restle natürlich in seinem Lieblingssport (Hobbys: "Fußball, Fußball, Fußball!") und somit in der Behandlung von Kreuzbandrissen, Meniskusverletzungen, Muskelproblemen, Wirbelsäulenerkrankungen, Hand- und Schulterverletzungen - das Spektrum der Blessuren, die von ihm und seinem Team therapiert werden, ist reichhaltig. So gaben sich im Laufe der Jahre manche Weltstars in Flingern die Klinke in die Hand: Ronaldo, Zinédine Zidane, Rivaldo oder auch Jens Lehmann und Lukas Podolski... sie und viele andere Fußball-Profis hat er behandelt. Wie viele das waren? Eine ganze Menge jedenfalls. Er selbst sagte einmal zu einem jungen Mitarbeiter: "Ich habe in meinem Leben mehr Knie rehabilitiert als Du Tage alt bist!" Es dürfte der Wahrheit sehr nahe kommen.

Gelbe Bananen, TuRu und Fußball-Wetten
Einer der besonderen Momente in der Zusammenarbeit mit anderen Vereinen außer der Fortuna und der DEG war für ihn sicherlich auch der 24.Juni 1989. An jenem Tag fand im Berliner Olympiastadion das DFB-Pokalfinale zwischen Borussia Dortmund und Werder Bremen statt. Es endete 4:1 für den BVB, der damit 23 Jahre nach dem Gewinn des Europapokals wieder eine Trophäe in die Vereinsvitrine stellen konnte. Zweifacher Torschütze: Norbert Dickel. Vor dem Endspiel wurde der Brechertyp im Sturm oftmals bei seinen ungelenk wirkenden Aktionen von den eigenen Anhängern ausgelacht. Doch nach seinem Gala-Auftritt erlangte der heutige Stadionsprecher der Dortmunder einen Kultstatus bei den eigenen Fans ("Wir singen Norbert, Norbert, Norbert Dieeeeeckel, jeder kennt ihn, den Held von Berlin!" - auf die Melodie der Fernsehserie "Flipper"). Zuvor durfte er sich aber bei Bernd Restle bedanken. "Schwere Operation am rechten Knie, Meniskus entfernt. Knorpel geglättet, klassische Arthrose", beschreibt Dickel selbst nüchtern seine eigene Krankengeschichte, die für ihn beinahe das Ende bedeutet und so um den wichtigsten Tag seiner Fußballerkarriere gebracht hätte. Aber sein Langzeittherapeut über fast ein ganzes Jahr stand manchmal noch um 22 Uhr abends vor seiner Tür, weil er ständig Eingebungen hatte, was mit dem Knie noch alles gemacht werden kann - bis Berlin.


Einen intensiven Kontakt zu ehemaligen Fußballern, die bei ihm einmal Patient waren, hat er noch heute in Vielzahl. Ob Klaus Allofs, Jörg Schmadtke, Rudi Bommer, Holger Fach, Ralf Loose, Jörg Berger oder Aleks Ristic - die Liste ist lang, auch wenn es manch einen Ex-Fortunen längst in andere Funktionen oder in eine andere Stadt verschlagen hat.
Aber nicht nur mit den "Großen" arbeitet Bernd Restle zusammen und steht mit ihnen in enger Verbindung. Namen, Spielklassen oder andere Rangordnungen zählen für ihn nichts. So hat er auch "für die TuRU immer ein offenes Ohr, wenn Spieler verletzt sind oder Termine brauchen", freut sich Heinz Schneider, der Vorsitzende des Düsseldorfer Verbandsligisten.
Doch bei all seiner Berufserfahrung, unzähligen Spielen vor Ort, sportlichem Ehrgeiz und akribischer Arbeit ist er im Laufe der Jahre dennoch kein Experte bei der Vorhersage von Spielergebnissen geworden. Davon weiß zumindest sein Sohn Max (7 Jahre) lächelnd zu berichten: "Bei Fußball-Wetten mit mir verliert er meistens - da setzt er immer auf die Schlechten!"

 

Fortuna Düsseldorf gratuliert Bernd Restle ganz herzlich zum 55. Geburtstag und wünscht alles Gute, Gesundheit sowie noch viele gemeinsame und erfolgreiche Jahre bei Fortuna.

bundesliga.de

Düsseldorfer Turn- und Sportverein
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