06.09.2024 | Verein

Yesterday: Rudi Bommer

Fortunas letzter deutscher Nationalspieler

Neun Jahre lang trug Rudolf Bommer, von allen stets Rudi genannt, das F95-Trikot. Dabei erlebte der gebürtige Aschaffenburger in Düsseldorf von 1976 bis 1985 mit den Rot-Weißen sicherlich die erfolgreichste Zeit in seiner aktiven Laufbahn. Glorreichen Siegen und Triumphen standen ebenso bittere Enttäuschungen und Niederlagen gegenüber. Den Kontakt zur Fortuna hat er aber nie verloren.

  • Foto: Horstmüller

Im Sommer 1976 wechselte Bommer vom damaligen Bundesliga-Absteiger Offenbacher Kickers an den Flinger Broich. Zuvor war er bereits bei seinem Heimatverein Viktoria Aschaffenburg aktiv. Schon bald gehörte der offensive Mittelfeldspieler unter Cheftrainer Dietrich Weise sowie danach unter dessen Nachfolgern zu den Stützen bei der Fortuna.

Während Bommer mit den Flingeranern 1978 noch eine bittere Pleite im DFB-Pokalfinale (0:2 gegen den 1. FC Köln) und ein Jahr später eine knappe 3:4-Niederlage nach Verlängerung im Europapokalendspiel gegen den FC Barcelona hinnehmen musste, gewann er 1979 und 1980 zweimal den Cup und stand für die Flingeraner in dieser Ära in zahlreichen Europapokalspielen auf dem Platz. Insgesamt kommt er auf 492 Einsätze, in denen der offensive Mittelfeldspieler 165 Tore erzielte.

Zahlen und Fakten, die nicht nur seine verschiedenen Trainer bei den 95ern erfreuten, sondern auch die Bundestrainer Jupp Derwall sowie seinen Nachfolger Franz Beckenbauer auf ihn aufmerksam machten. Am 12. September 1984 fand beim Debüt vom „Kaiser“ als Teamchef der DFB-Auswahl ein Freundschaftsspiel im Düsseldorfer Rheinstadion statt, also genau an dem Ort, an dem knapp 20 Jahre später nur um ein paar Meter versetzt die aktuelle Spielstätte der Rot-Weißen errichtet wurde. Gegner war damals vor 45.000 Zuschauern Ex-Weltmeister (1978) Argentinien.

So war Bommer, der insgesamt sechs Länderspiele bestritt, vor vier Jahrzehnten bis heute der letzte deutsche Nationalspieler, der bei der Fortuna unter Vertrag stand. In der Zwischenzeit gab es noch einige andere Akteure, die im Nationaldress aufliefen, nur eben für andere Länder.

Außerdem nahm er mit der deutschen Olympia-Mannschaft 1984 an den Sommerspielen in Los Angeles teil sowie 1988 in Seoul, bei denen er die Bronzemedaille gewann.

Zwei einschneidende und prägende Ereignisse

Zurück in die Gegenwart. In jüngster Vergangenheit haben zwei besondere Momente sein Leben verändert. Erst kürzlich hat er seinen Job als Co-Kommentator beim Sender Magenta TV quittiert. Und das aus gutem Grund: „Ich wurde häufiger bei Drittligaspielen im Osten eingesetzt. Auf der Rückfahrt von einem Spiel dort bin ich nachts in einen Sekundenschlaf gefallen. Im letzten Moment konnte ich das Lenkrad rumreißen. Das war für mich ein Zeichen, dass ich damit aufhöre.“

Dazu kommt ein Schicksalsschlag kurz vor seinem 67. Geburtstag Mitte August: „Einen Tag zuvor ist mein früherer Teamkollege Ronny Borchers verstorben, mit dem ich noch lange Jahre in der Traditionsmannschaft von Eintracht Frankfurt gekickt habe. Das hat mich schwer getroffen und sehr traurig gemacht.“ Letzten Endes hat er nun für sich entschieden, dass er mehr Zeit für seine Familie, seine Frau, die beiden Kinder und den Enkeln verbringen möchte, denn es „gibt wichtigere Dinge im Leben als Fußball“.

Das runde Leder bleibt!

Wobei… das Fußballspielen will und kann er aus Leidenschaft nicht aufgeben: „Mit Ronny und Charly Körbel habe ich pro Jahr immer 15-16 Spiele in der Tradi-Mannschaft der Eintracht absolviert. Zumal ich nie eine schwere Verletzung oder eine OP hatte. Und ich muss kein Übergewicht mit mir rumschleppen (lacht). Von daher schnüre ich weiterhin die Fußballschuhe für einmal 45 Minuten. Das reicht mir vollkommen.“

Auch die Fortuna bleibt im Herzen

Unverändert bleibt ebenso seine Zuneigung zu F95. Immerhin hat er 15 Jahre lang in Düsseldorf gelebt, eine lange Zeit, die „mich maßgeblich geprägt hat“. Zudem wurde seine Tochter Jenny in der Landeshauptstadt geboren. Im Rückblick gibt er aber zu: „Ich habe damals alles gar nicht richtig wahrgenommen, sondern erst später begriffen, was ich mit der Fortuna erreicht habe. Erst vor Kurzem habe ich mir auf YouTube nochmal das DFB-Pokalendspiel 1980 gegen Köln angeschaut. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich es war, der die Vorlage zum 2:1-Siegtreffer durch Tommi Allofs gegeben hat (lacht).“ 

Aus der Ferne ganz nah dabei

„Heute beobachte ich allerdings mehr aus der Distanz die Entwicklung bei der Fortuna. Aber die gefällt mir gut, was mich sehr freut. Der Klaus (Allofs, Anm. d. Red.) hat Ruhe in den Verein gebracht. Das ist ganz wichtig, und ich drücke fest die Daumen, dass der Weg weiter nach oben geht.“ Aber auch zu Heiner Baltes besteht einmal im Jahr Kontakt, wenn sie sich gegenseitig am 19. August zum Geburtstag gratulieren. Ab und zu telefoniert er noch mit Sepp Weikl und Benno Beiroth.

Das kongeniale Duo Bommer & Bockenfeld

Regelmäßigen Kontakt hat er aber noch - wen wunderts - zu seinem früheren Mitspieler Manfred „Manni“ Bockenfeld, wobei dies eine völlige Untertreibung ist. Damals war dieses Duo auf der rechten Seite eines der Besten – national wie international. „Ja, der Manni und ich, wir waren beide wahnsinnig schnell! Immerhin lag meine Bestzeit über 100m bei 10,8 Sekunden“. Wahrlich eine beachtliche Zeit. „Wenn ich gesehen habe, dass von hinten ein rotes Trikot angerauscht kommt, dann habe ich kurz gewartet, den Ball vorbei gelegt und schon war er durch. Und was ganz wichtig ist: Er konnte perfekt von der Grundlinie nach innen flanken.“ Sie verstanden sich eben nicht nur außerhalb, sondern auch auf dem Platz blendend.

Andere Vereine und Trainerstationen

Nach seinem Weggang im Sommer 1985 – aus finanziellen Gründen musste der Verein ihn genauso wie zuvor bereits die Allofs-Brüder verkaufen („Dabei wollte ich gar nicht weggehen!“) - spielte er noch für Bayer 05 Uerdingen, Viktoria Aschaffenburg und Eintracht Frankfurt.

Danach wechselte er ins Trainergeschäft, wobei er schon zuvor als Spielertrainer aktiv war. Die größten Erfolge feierte er 2002 mit dem Zweitliga-Aufstieg mit Wacker Burghausen sowie 2007 mit dem MSV Duisburg, als er mit den Zebras in die Bundesliga aufstieg.

Heute lebt er mit seiner Frau Ingrid wieder in seiner Heimat und betreut seit dem Frühjahr 2024 gemeinsam mit Sohn Björn die U11 von Viktoria Aschaffenburg.

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