22.03.2019 | Verein

Fortunen in Theresienstadt

Dritte Gedenk- und Studienfahrt

Zu einer Studien- und Gedenkfahrt ist am Mittwochabend eine Gruppe von etwa 20 Mitgliedern und Fans der Fortuna in Richtung Tschechien aufgebrochen. Erstes Ziel im Rahmen dieser Exkursion ist Theresienstadt / Terezín, das im Dritten Reich von einer Garnisonsstadt in ein gigantisches Ghetto umgewandelt wurde.

Nach einer etwa achtstündigen Nachtfahrt mit dem Bus erreichte die Gruppe den kleinen ca. 50 Kilometer von Prag gelegenen Ort, der auf den ersten Blick sehr freundlich und überschaubar wirkt. Etwa 3.000 Einwohner leben heute in Terezín, das inzwischen als Siedlungsensemble komplett unter Denkmalschutz steht.
In der Zeit nach der Besetzung Böhmens und Mährens als deutsches Reichsprotektorat im März 1938 konnten sich jüdische Bürger in der ursprünglich von den Habsburgern im 18. Jahrhundert als Garnisonsstadt begründeten Siedlung mit einem so genannten „Heimeinkaufsvertrag“ regelrecht einkaufen.

Die Vereinbarung versprach, dass deutsche Juden, die ab 1942 - nach der Wannsee-Konferenz im Übrigen - in das „Altersghetto“ Terezín (Theresienstadt) „überführt“, also deportiert werden sollten, eine lebenslange kostenfreie Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung erhalten. Neben einer geradezu willkürlich errechneten Vorauszahlung wurden weitere Abgaben, Spenden und Vermögensübertragungen eingefordert.
Doch war dies einmal mehr eine vorgetragene Lüge, die den NS-Machthabern eine weitere Geldquelle eröffnete.
Lebten in Terezín vor 1942 gerade einmal 5.000 Menschen, waren es in Hochzeiten bis zu 58.000 Personen, die in der ehemals „Großen Festung“ leben mussten.
Somit war Theresienstadt eine hoffnungslos überfüllte Ortschaft, mit selten geheizten Wohnstätten, mit mangelhafter Ernährung und ebenso unzureichender ärztlicher Versorgung.Ein Rundgang durch Terezín bestätigt dies. Der Zwiespalt zwischen Repression und gleichzeitig vorgetragener Autonomie und scheinbar normalem Alltag ist bis heute, fast 75 Jahre nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches, spürbar und greifbar nahe: Eine jüdische Selbstverwaltung mit einem Ältestenrat in der Magdeburger Kaserne, kulturelle Einrichtungen, Kinderfürsorge im heutigen Ghetto-Museum, und, mit Blick auf den propagandistischen Zweck, Verschönerung der Ortschaft mit frisch gestrichenen Häusern und sorgfältig angelegten Blumenbeeten. Hintergrund war die Inspektion des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes - eine perfekt genutzte Chance für die Nationalsozialisten, der Weltöffentlichkeit Terezín als Vorzeigeobjekt und in allem Zynismus als förmlich heile Welt darzustellen.

Der oben angesprochene Ältestenrat war dabei nicht nur für formal-administrative Aufgaben zuständig, sondern hatte gerade in diesem Kontext die Aufgabe zu bestimmen, wer das hoffnungslos überfüllte Terezín zu verlassen hatte und weiter Richtung Osten, sprich: in die Gaskammern deportiert wurde.

Einer der Höhepunkte war gewiss der Besuch der Dresdner Kaserne, die offiziell wegen Baufälligkeit gesperrt ist. Dieser Gebäudekomplex war nicht nur Drehort für die Aufnahmen zu dem geradezu absurden Streifen „Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“, wo scheinbar unbeschwert Fußball gespielt werden konnte, sondern später auch Schauplatz des von Oded Breda initiierten Films „Liga Terezín“.
Tragisch nur, dass, obwohl viele Gebäude in Theresienstadt gut erhalten beziehungsweise restauriert wurden, ausgerechnet diese Kaserne offensichtlich dem Verfall preisgegeben ist.

Bei einer Reflektionsrunde am Abend, die in individuellen Gruppen abgehalten wurde, herrschte der Konsens, dass es erstaunt, wie freundlich und nachsichtig die nunmehr hier lebenden Menschen mit der Gruppe, also den nachfolgenden Generationen umzugehen wissen.
Dabei ist geschichtliches Bewusstsein gewiss allseits gegeben. Dennoch kann man sagen, dass dieses positive Miteinander ein gutes Zeichen für ein geeintes Europa ist, auch wenn die aktuelle Situation mitunter zu Pessimismus verleiten mag.

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