09.09.2010 | 1. Mannschaft

Die Entscheidungsfindung in der "T-Frage"

Interview mit Fortunas Torwarttrainer Michael Stahl

Seit drei Jahren ist Michael Stahl für die Ausbildung der Torhüter bei der Fortuna verantwortlich. Zuvor hatte er unter anderem schon bei Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 mit Jens Lehmann zusammen gearbeitet und feierte in Gelsenkirchen mit dem UEFA-Cup-Sieg 1997 den größten Erfolg in seiner Laufbahn als Torwarttrainer.

Kennengelernt hatte er Deutschlands ehemaligen Nationaltorwart in den 90er Jahren im Reha-Zentrum von Bernd Restle, wo er als Physiotherapeut beschäftigt war. Danach wurde er zu Lehmanns "Privattrainer", wodurch für ihn die neue Karriere als Torwarttrainer begann. Davor hatte er bereits ein Studium zum Diplom-Sportlehrer absolviert. Nun heißen seine Schüler bei der Fortuna Michael Ratajczak, Michael Melka und Maximilian Schulze-Niehues.

Während der Sommerpause wurde unter den deutschen Fußball-Fans die "T-Frage", dann die "K-Frage" und die "Wer wird WM"-Frage gestellt und viel diskutiert. Auch die Fortuna-Anhänger hatten sich häufiger gefragt: Wer wird unsere neue, alte Nummer 1? War es auch im Trainerstab ein besonderes "Reizthema"?

 

Stahl: Nein, das war es für uns auf gar keinen Fall. Vielmehr betonen wir doch alle Jahre wieder in der Sommerpause, dass es für uns als Trainerstab ein Luxusthema ist, mit dem wir uns gerne beschäftigen. Es war ein fairer Wettkampf, in dem beide sehr gut trainiert und hervorragend mitgezogen haben. Letzten Endes ist halt die Entscheidung für Michael Ratajczak gefallen. Sicherlich war auch seine tolle Leistung aus der letzten Saison dafür ausschlaggebend.

 

Als Torwarttrainer bist Du logischerweise tagtäglich am nächsten an den beiden dran und hast den besten Eindruck von ihnen. Inwieweit hört Cheftrainer Norbert Meier dann auf Deinen Rat?

 

Stahl: Norbert Meier ist ein Trainer, der in seinem Trainerstab seine Informationen sammelt, sie verarbeitet und sich daraus ein Urteil bildet. Von daher habe ich ihm meine persönliche Bewertung zur Trainingsleistung, zu den Verhaltensweisen, zu den Stärken und Schwächen und auch meine persönliche Meinung gesagt. Dies hat er sich alles angehört und hat dann die endgültige Entscheidung getroffen.

 

Wie haben beide Schlussleute die Entscheidung in der "T-Frage" kurz vor dem Pokalspiel in Koblenz aufgenommen?

 

Stahl: Michael Ratajczak naturgemäß mit Erleichterung, weil er die Nummer 1 geblieben ist. Michael Melka mit einem gewissen Maß an Enttäuschung, was man aber auch verstehen kann. Ich wäre als Torwarttrainer auch enttäuscht gewesen, wenn er nicht enttäuscht gewesen wäre! Allerdings war bei beiden in der Endphase der Vorbereitung schon eine gewisse Anspannung zu spüren. Zu sehen war dies beim Blitz-Turnier in Aachen, bei dem beide leichte Schwächen und Stellungsfehler gezeigt haben. Aber das habe ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht so hoch bewertet und war für mich in meiner Beurteilung kein Kriterium, weil ich eben auch um die psychische Verfassung beider Spieler wusste.

 

Nun steht also erst einmal die Entscheidung, wer die Nummer 1 und wer die Nummer 2 im Tor der Fortuna ist. Aber es gibt ja auch noch eine Nummer 3: Maximilian Schulze-Niehues, der in der Zwoten Stammkeeper ist, aber zuletzt auch im Testspiel beim BV 04 Spielpraxis in der Ersten bekommen hat. Ein paar Worte zu ihm?

 

Stahl: Max hat eine sehr gute Entwicklung genommen. In den Torwarttechnischen Elementen ist er sehr sicher und stabil geworden. Nun muss er an seiner Präsenz auf dem Platz arbeiten. Er muss noch dominanter werden. Er ist ganz einfach ein lieber, netter und ruhiger Mensch, aber das ist im Fußball eben nicht immer angesagt. Da muss er noch mehr Durchsetzungsvermögen entwickeln. Allerdings ist er ja mit seinen 21 Jahren noch ein ganz junger Mann, der seine Persönlichkeit als Mensch und auch als Fußballer entwickeln muss. Diesen Reifeprozess müssen wir ihm und allen anderen zwischen 20 und 30 Jahren ganz einfach zugestehen.

 

Das Torwarttraining hat sich ebenso wieder gesamte Fußball an sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten grundlegend verändert. Früher wurden die Bälle aufs Tor geknallt, Spieler und Torhüter mussten mit dem Medizinball in der Hand Klappmesser machen. Was ist heute anders und wie wichtig ist die Psychologie beim Torwarttraining?

 

Stahl: Ich bin zwar kein ausgebildeter Psychologe, aber ich versuche immer aus meiner Erfahrung und aus meiner pädagogischen Ausbildung heraus eine entsprechende Hilfestellung im mentalen Bereich zu geben. Es ist auch immer ein schmaler Drahtseilakt. Einerseits müssen Fehler angesprochen werden, um zu einer Einsicht zu kommen, damit eine Weiterentwicklung erfolgt. Denn nur aus Fehlern lernt man schließlich. Andererseits darf man aber auch nicht zu intensiv drauf hauen, um das manchmal schmale Gerüst an Selbstvertrauen - gerade in besonderen Situationen einer Saison - zu zerstören.

Ansonsten hat sich das Anforderungsprofil an Fußball-Torhüter grundlegend geändert. Das Spektrum an technischen Fähigkeiten, Belastungen und Anforderungen ist viel breiter geworden. Bei den Trainingsinhalten lege ich persönlich sehr großen Wert auf ein situationsbezogenes Training. Das geht im Einzeltraining bei 2-3 Leuten nicht immer, von daher versuche ich diese Komplexität der einzelnen Spielsituationen mit verschiedenen Übungen und unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden sowie besonderen Aufgaben zu imitieren. Da hat aber jeder Torwarttrainer seinen eigenen Stil.

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