Auch der Name der kleinen, übersichtlichen Sportanlage im Herzen des Essener Stadtteils, in der Spieler und Zuschauer buchstäblich auf Tuchfühlung gehen, lautet heute anders: KrayArena. So angenehm familiär die Atmosphäre bei den freundlichen Vereinsorganisatoren auch ist, so kann man trotzdem nachvollziehen, dass die Hausherren aus Sicherheitsgründen nur selten eine Genehmigung erhalten, ihre Meisterschaftsspiele hier auszutragen.

Rund zehn Minuten nach dem Anpfiff der Partie zeichnete sich ab, dass die Zwote gegen den direkten Tabellennachbarn unbedingt punkten wollte. Sie begann offensiv und hatte durch Timo Furuholm, der allerdings den Ball nicht nur über den FC-Torwart Omar Allouche, sondern auch die Querlatte lupfte, eine erste gute Chance. Die Gastgeber verhielten sich abwartend, standen tief und lauerten auf Konter. Die Zwote versuchte es daher viel mit langen Bällen nach vorne, da ein Spielaufbau durch Ballkombinationen auf engem Raum schwierig war. Zwote-Torwart Tim Boss, der seine Abwehr über die gesamte Spielzeit lautstark dirigierte, wurde erst in der 30. Minute das erste Mal mit einem Flachschuss von Timor Karagülmez geprüft, den er aber reaktionsschnell um den langen Pfosten ins Toraus lenken konnte. Kurz darauf musste Soufian Rami, der letzte Saison noch beim FC Kray gespielt hat, nach einem Zweikampf mit Verdacht auf einen Kapselriss im rechten Fuß aufgeben; für ihn kam Timm Golley. Die insgesamt ereignisarme erste Halbzeit, in der die Zwote die größeren Spielanteile hatte, endete schließlich mit einem torlosen Unentschieden.

Der zweite Durchgang verlief dann wesentlich spannender. Dass die Flingeraner gegen einen immer stärker aufspielenden und zum Schluss auch überlegenen Gegner trotzdem als Sieger vom Platz ging, verdankten sie der Tatsache, dass André Fomitschow im Mittelfeld und Tim Boss im Tor zur Höchstform aufliefen und die Latte des FC-Tors mit den Fortunen im Bunde war. Der Fortuna-Torhüter brachte mit seiner Reaktionsschnelligkeit vor allem Timor Karagülmez zur Verzweiflung. Innerhalb der ersten fünf Minuten nach Wiederanpfiff faustete er mit einer Glanzparade einen Karagülmez-Freistoß aus rund zwanzig Metern mit einer Glanzparade aus dem Torwinkel und wehrte kurz hintereinander gleich zwei sicher geglaubte Einschusschancen des FC-Spielers mit dem Fuß ab. Der nächste aussichtsreiche Angriff der Fortunen endete zu deren Nachteil. Timo Furuholm kam frei im gegnerischen Strafraum durch, suchte aber, wie schon einige Male zuvor, zu spät den Abschluss, und verlor den Ball. In einer anschließenden kleinen Rangelei mit seinem Gegner muss er etwas gesagt haben, dass Schiedsrichter Sven Heinrichs als beleidigend verstanden haben muss, denn er schickte den Fortuna-Stürmer frühzeitig vom Platz. Die Gastgeber erhöhten noch einmal den Druck, und nachdem Tim Boss die Flingeraner mit einer weiteren Glanztat vor einem Rückstand bewahrt hatte, stand ihm in der 64. Minute auch das Glück zu Seite, als der eingewechselte Jong Hyun Mun ihn mit einem Lupfer bereits überwunden hatte, aber nur die Latte traf. André Fomitschow schien der sich abzeichnende Spielverlauf nicht zu gefallen, denn plötzlich schaltetet der Mittelfeldmann der Flingeraner gleich mehrere Gänge höher und machte das Spiel schnell. Energisch eroberte er im Zentrum immer wieder die Bälle vom Gegner und setzte die FC-Abwehr unter Druck. Dieser Einsatz zeigte auch schon bald seine Wirkung: Alexander Knieper konnte den trickreichen Fortunen im eigenen Strafraum nur durch ein Foul am Torschuss hindern; den fälligen Strafstoß verwandelte der Gefoulte selbst souverän zur Führung. Die Hausherren scheiterten in der verbleibenden Spielzeit an weiteren herausragenden Rettungstaten von Tim Boss, dem in der 80. Minute schließlich erneut das Glück des Tüchtigen zur Seite stand, als ein Fernschuss von Ricardo Zweck gegen die Latte knallte. Ein schneller Gegenzug der Zwoten besiegelte dann ihren dritten Auswärtssieg. Timm Golley gab einen Abwurf von Tim Boss an Tugrul Erat weiter, dieser überlief auf der rechten Außenbahn mehrere Gegenspieler und legte mustergültig quer auf André Fomatschow, der seine starke Leistung mit seinem zweiten Treffer krönte. Die große Erleichterung und Freude der Flingeraner nach einer bitteren Niederlagenserie über den zu erwartenden Sieg konnte man an den Jubelstürmen und Glückwünschen an den Torschützen der gesamten Mannschaft an der Eckfahne ablesen, an der sich sogar der über das ganze Spielfeld geeilte Tim Boss beteiligte, bevor er seine Mitspieler darauf einschwor, das Spiel „jetzt auch zu Null“ zu beenden.

FC-Trainer Dirk Wißel: „Ich kann mir diese Niederlage nicht erklären. Die Fortunen hatten in der ersten Halbzeit zwar mehr Spielanteile, aber wir hatten im zweiten Durchgang so viele Torchancen und einige 1:1-Situationen mit dem Torwart, an dessen Leistung wir mehr als einmal gescheitert sind, dass man irgendwann auch ein Tor machen müsste. Vielleicht sollte man beim Verband einen Antrag stellen, dass der Gegner hier demnächst ohne Torwart antreten muss. Der Elfmeter war aus meiner Sicht berechtigt, ich habe am Knall bis auf die Bank gehört, dass mein Spieler wohl den Ball mit dem Fuß seines Gegners verwechselt haben muss.“

Zwote-Trainer Taskin Aksoy: „Für uns war es ein wichtiger Sieg. Wir wussten,  dass uns hier ein schweres Spiel erwartet würde. In der ersten Halbzeit hatten wir einen guten Start, aber haben unsere Chancen nicht genutzt. Im zweiten Spielabschnitt haben wir nachgelassen und den Gegner zu Toren praktisch eingeladen, aber Tim hat diese mit seinen großartigen Reaktionen vereitelt. Das Engagement von André Fomitschow, das auch zum berechtigten Elfer führte, brachte dann die Wende zu unseren Gunsten. Fußball ist nicht rational, und  wir nehmen die Punkte gerne mit.“ (RR)